Ein lebensnahes Porträt des Makedonenkönigs Alexander III.Alexander der Große – Porträt zu Lebzeiten?, gefunden auf Goldmünzen in einem Hort im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan, macht gerade Furore im Blätterwald quer über den Globus. Begonnen wurde dies von einem Numsimatiker aus Sri Lanka, Osmund Bopearachchi, in der Sunday Times von diesem Wochenende. Alles an weiteren Informationen lässt sich finden im Blog Rogueclassicism.

Fast 550000 $ für eine Freiheitspropaganda

In der September-Auktion der Heritage Auction Galleries in Long Beach (Kalifornien, USA) kam eine der berühmtesten Münzen (2008 zur Nr. 1 der berühmtesten antiken Münzen gewählt) aus der griechisch-römischen Geschichte und Numismatik unter den Hammer; den Zuschlag erhielt ein Bieter für 546.250 $ – mithin einer der höchsten Preise, die bisher für eine einzelne Münze geboten wurde und auf die ein Zuschlag erteilt worden ist.

Was ist nun das Besondere an der Münze? Es handelt sich um einen Silberdenar (Gewicht: 3,72 Gramm) des M. Iunius Brutus aus dem Spätsommer/Herbst des Jahres 42 v. Chr. und verherrlicht den Mord der Verschwörer an Caesar (15. März 44 v. Chr.) als Akt der Freiheit, die der res publica durch die Täter zurückgegeben worden sei. Freiheitsmünze des Brutus

Auf der Rückseite sind zwei Dolche und der pileus, die Freiheitsmütze, abgebildet, der Sklaven am Tag ihrer Freilassung überreicht wurde. Damit zeigen die Verschwörer an, dass sie der res publica durch ihre Tat die Freiheit zurückgegeben haben und den Staat vor der Knechtschaft Caesars, gleichgültig, ob man sie Diktatur oder Königsherrschaft nennt, gerettet haben.

Auf der Vorderseite (s. rechtsstehende Abb.) erleben wir ein Novum der republikanischen Münzemission: M. Iunius Brutus (bartlos, einige andere zeigen ihn auch bärtig, so ebenfalls auf einem aureus) ist in einer Büste dargestellt – die Darstellung eines Lebenden ist während der Republik ein unerhörter Akt, ein Tabu, einer gesellschaftlichen Oberschicht, die mehr an Herkunft, Alter und Geschichte der Familiengeschlechter interessiert war als der Heraushebung einzelner aus der Gruppe der angesehenen Familien in Rom. Caesar hatte dies 44 v. Chr. erstmals getan, die Verschwörer um Brutus machten es ihm kurz nach Caesars Ermordung nun nach.

Die Münzumschrift lautet links: L(ucio) Plaet(orio) Cest(iano) = Unter dem Münzmeister L. Plaetorius Cestianus – über dem Kopf des Brutus: Brut(o) imp(eratore).

Diese Münzen wurden emittiert, um die republikanischen Truppen gegen die Koalition zwischen M. Antonius und dem jungen C. Iulius Caesar, dem späteren Augustus, bezahlen zu können. Nach dem Sieg über die Verschwörer verschwanden diese Münzen schnell aus der Öffentlichkeit, wurden auf Veranlassung der Sieger, die eine solche Propaganda nicht wünschen konnten, eingeschmolzen. Heute sind nur noch weniger als 100 Exemplare bekannt, dafür aber unzählige antike und nachantike Nachahmungen, Kopien und Fälschungen.

Quelle:

  • http://www.numismaster.com/ta/numis/Article.jsp?ad=article&ArticleId=23683
  • http://coins.ha.com/c/item.zx?saleNo=3015&lotNo=23268
  • Harlan J. Berk: 100 Greatest Ancient Coins, Chicago 2008, zu finden auf der Firmenhomepage oder bei Amazon.

Die Marathon-Inschrift

Im Jahr 2000 wurde bei Sondierungsarbeiten in einem römischen Villenkomplex aus dem 2. Jh. n. Chr., der nach übereinstimmender Meinung dem Herodes Atticus als Besitz zugewiesen wurde, eine marmorne orthogonale Stele, bekrönt mit einem sog. lesbischen Kymation, gefunden, auf der neben einer Liste von erkennbar 22 Männern auch der Grund überliefert wurde, warum ihre Namen auf dieser Stele notiert worden ist: es sind die im Kampf gegen die Meder (also: Perser) gefallenen Bürger, die dem Demos Erechtheis angehört hatten.

Sprache, Schrift und verwendetes Alphabet, dazu auch die Textinformationen verweisen sehr schnell auf das herausragende Ereignis im Laufe der Perserkriege als Hintergrund für die Gefallenenliste: die Schlacht von Marathon, die sich in diesem Jahr irgendwann im August oder September zum 2500sten Mal jährt.

Die Marathon-Inschrift (Text: SEG LVI [2006], 2010, 430; vgl. SEG 55, 413; dazu zwei nicht weiter zuweisbare Fragmente, wohl Teile einer oder mehrerer Stelen: SEG 56, 431 und 432)

Text Übersetzung

Ἐ     ρ     ε     χ     θ     ε     ΐ     [ς]

Φêμις ἄρ᾽ | hος κιχ[άν]< ει> αἰεὶ εὐφαõς hέσσχατα γαί[ες]
τõνδ᾽ ἀνδρõν ἀρετὲν πεύσεται hος ἔθανον
[μ]αρνάμενοι Μέδοισι καὶ ἐσστεφάνοσαν Ἀθένας
[π]αυρότεροι πολλõν δεχσάμενοι πόλεμον

Δρακοντιδες
Ἀντιφõν
Ἀφσέφες
Χσένον
Γλαυκιάδες
Τιμόχσενος
Θέογνις
Διόδορος
Εὐχσίας
Εὐφρονιάδες
Εὐκτέμον
Καλλίας
Ἀντίας
Τόλμις
Θοκυδίδες
Δῖος
Ἀμυνόμαχος
Λεπτίνες
Αἰσχραῖος
Πέρον
Φαο[δ]ρίας
[- – – – – – – -]

Erechtheis

Die Nachricht, als sie die äußersten Grenzen der immer hellen Erde berührte,
soll lehren den Opfermut der Männer: wie sie starben
in dem Kampf gegen die Meder, und wie sie Athen bekränzten,
die wenigen, die den Kampf gegen viele wagten.

Drakontides
Antiphon
Aphsephes
Xenon
Glaukiades
Timoxenos
Theognis
Diodoros
Euxias
Euphroniades
Euktemon
Kallias
Antias
Tolmis
Thokydides
Dios
Amynomachos
Leptines
Aischraios
Peron
Phao[d]rias
[- – – – – – – – -]

 

Die Übersetzung ins Deutsche, trocken und wenig geschmeidig, stammt von mir. Der Anlautverlauf (sog. lenis) lässt sich leider nicht befriedigend in HTML (und WordPress) darstellen. Der Lenis ist bei den Personennamen, die mit einem Vokal, aber nicht mit einem Doppelvokal beginnen, vor dem Vokal zu lesen.

Ein Foto und eine Umzeichnung der Inschrift findet sich in der Präsentation von John Marincola: "Epilogue: What Happened After the Battle of Marathon" – Marathon2500 Lecture no. 8, auf http://readingodyssey.com/professor-john-marincola-marathon2500-lecture.

Bisher ist die Inschrift teilweise mit, teilweise ohne Fotos (ohne Anspruch auf Vollständigkeit der Liste) erwähnt worden:

  • http://chronique.efa.gr/index.php/fiches/voir/904/
  • http://surprisedbytime.blogspot.com/2009/06/missing-acropolis-marble.html
  • http://surprisedbytime.blogspot.com/2011/04/marathon-stone.html
  • http://entertainment.timesonline.co.uk/tol/arts_and_entertainment/the_tls/article7172938.ece (Peter Thonemann, Oxford)
  • http://flinterm.home.xs4all.nl/Vakantie-in-Kynouria.html
  • http://blogs.wabash.edu/accents/2010/10/27/the-battle-of-marathon/
  • http://www.chs-fellows.org/blog/philosophy/gleaned-from-the-latest-supplementum-epigraphicum-graecum/ (Nikolaos Papazarkadas, Univ. of California at Berkeley)
  • http://rambambashi.wordpress.com/2010/09/12/marathon-again/
  • http://www.sparta.markoulakispublications.org.uk/index.php?id=259

Zum Komplex »Marathon. Ort, Schlacht und Mythos«:

  • http://www.marathon2500.org/

Marathon – eine Podcast-Serie

Nach traditionellem Datum fand heute vor 2500 Jahren die Schlacht bei Marathon zwischen einem Teil der Griechen unter der Führung Athens und dem persischen Expeditionsheeres des Dareios statt. Tausende Seiten wurden über dieses Ereignis geschrieben. Der möglicherweise nur regional bedeutsame Kampf einer griechischen Mittelmacht gegen einen anscheinend übermächtigen Feind, den man zudem noch herausgefordert hatte, wird seit seinem Ausgang als Kampf »West gegen Ost«, »Zivilisation gegen Despotie«, »Demokratie geGrabhügel der Athener in Marathongen Monarchie« gedeutet und verklärt.

Man steigert sich dabei gerne auch in einen in meinen Augen relativ ergebnislosen Vergleich, was wäre passiert, wenn die Perser, die in der Ebene von Marathon auf einen zahlenmäßig schwächeren Gegner gestoßen sind, siegreich geblieben wären. Wäre bei einem für Dareios siegreichen Ausgang die europäische Geschichte anders verlaufen? Hätte die Entwicklung seit dem 12. September 490 v. Chr. einen anderen als den bekannten Verlauf nehmen können? Wir wissen es nicht, wir werden es nie erfahren.

Dem Ereignis, das in der heutigen Tagespresse relativ unbekannt ist, widmen sich seit nunmehr fast einem Jahr bekannte Altertumswissenschaftler um Paul Cartledge (A.G. Leventis Chair of Greek Culture, Cambridge, UK) in einer Vortragsreihe, die über das WWW jederzeit abrufbar ist. Unter www.marathon2500.org sind (fast) alle Beiträge als Podcast erreichbar; die Vortragsreihe schließt nun mit dem Vortrag von Paul Cartledge am 21.09.2011 (01:00 Uhr New York Zeit):

The Context and Meaning of the Battle of Marathon: Why we have been celebrating the 2,500 year anniversary, by Paul Cartledge

Anschließend wird öffentlich und direkt diskutiert »… Brief lecture and then Q&A with listeners from all over the world«. Trotz der für Europäer gewöhnungsbedürftigen Zeit verspricht dieser Vortrag mit anschließender Diskussion ein besonderer Höhepunkt der Reihe zu werden.

Das komplette Programm finden Sie hier.